Die 25.000-Euro-Frage
So sollten sich Anleger jetzt aufstellen
12.07.2024, 11:10 Uhr
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Linke Parteien gelten generell als ausgabefreudig. Steigende Staatsschulden können Anlegern schon die eine oder andere Sorgenfalte auf die Stirn treiben. Höhere Defizite gehen in der Regel mit steigenden Zinsen einher und die sind Present für die Finanzmärkte. Vor diesem Hintergrund betrachten nicht wenige Börsianer die politischen Entwicklungen in Großbritannien und Frankreich tendenziell kritisch.
In Großbritannien hat die Partei von Labour-Chef Keir Starmer einen erdrutschartigen Sieg erzielt. Vor allem der chaotische Brexit-Kurs der zuvor regierenden Tories und die daraus resultierenden wirtschaftlichen Folgen hatten bei den Briten zunehmend für Unmut gesorgt. Starmer ist bereits zum neuen Premierminister ernannt worden. Dass jetzt unter Labour im Königreich die Staatsverschuldung aus dem Ruder läuft, scheint aber recht unwahrscheinlich.
Denn Starmer und seinen Parteigenossen wird noch das Ende seiner Vor-Vor-Gängerin Liz Truss präsent sein. Diese wollte die Steuern senken und das mit steigenden Schulden finanzieren. Das stuften die Anleger als wenig hilfreich bei der Inflationsbekämpfung ein und trieben die Zinsen massiv nach oben, indem sie weniger Staatsanleihen kauften. Nach nur sechs Wochen im Amt musste Truss schon wieder ihren Stuhl räumen.
Der neue Regierungschef in 10 Downing Avenue will zwar mehr Geld in den sozialen Wohnungsbau investieren. Die Erfahrungen von Truss werden die Labour-Regierung aber wahrscheinlich zu einer vernünftigen Gegenfinanzierung bewegen.
Veto von Macron
In Frankreich haben die Wähler einen noch deutlich heftigeren Linksruck vollzogen als auf der Insel. Trotzdem ist auch hier voraussichtlich nicht mit völlig ausufernden Staatsausgaben zu rechnen – diese machen bereits 110 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) aus. Da im Parlament keine Partei über eine absolute Mehrheit verfügt, können Präsident Macron und seine liberale Partei La République en Marche allzu üppigen Ausgabenplänen der künftigen Regierung einen Riegel vorschieben.
Außerdem dürfte sich sowohl in Großbritannien als auch in Frankreich wieder einmal das Börsen-Bonmot, dass politische Börsen kurze Beine haben, als wahr erweisen. Die großen börsennotierten britischen Unternehmen erwirtschaften nur rund ein Drittel ihrer Umsätze auf dem Heimatmarkt. In Frankreich liegt der Anteil sogar nur bei 20 Prozent. Für diese Firmen spielt die stabile Entwicklung der Weltwirtschaft eine sehr viel entscheidendere Rolle als die Politik der jeweiligen Regierung.
In den USA stellt sich die Lage schon etwas anders dar. Dort ist der staatliche Schuldenberg im Juni auf quick 34,8 Billionen Greenback weiter gestiegen, was 137 Prozent des BIP von 2023 entspricht. Aber sowohl die Demokraten als auch die Republikaner würden nach der Präsidentschaftswahl Anfang November wahrscheinlich weiter aus dem Vollen schöpfen.
USA haben High-Score verloren
Unter den Demokraten sind bei einer Wiederwahl weitere Ausgaben-Programme wie der Inflation Discount Act (IRA) zu erwarten. Trump hat dagegen erneut Steuersenkungen angekündigt. Noch können die USA quick unbegrenzt Geld drucken, da quick alle Länder der Welt den Greenback als Weltleitwährung haben wollen. Allerdings haben die Vereinigten Staaten bereits ihr High-Score bei der Kreditwürdigkeit verloren.
Jetzt könnte sich so etwas wie beim sogenannten Taper Tantrum wiederholen. Vor intestine zehn Jahren kündigte die US-amerikanische Notenbank an, ihre Käufe von Staatsanleihen zurückzufahren, um das Geld, was sie nach der Finanzkrise in die Märkte gepumpt hatte, wieder einzusammeln. Aufgrund der nachlassenden Nachfrage nach Staatsanleihen sanken damals deren Kurse und die Zinsen stiegen. Diesmal könnte nicht eine rückläufige Nachfrage, sondern ein steigendes Angebot von Staatsanleihen, die nichts anderes als Schulden Washingtons sind, denselben Effekt auslösen.
Die 25.000-Euro-Frage
Bei einer Anlage von 25.000 Euro sollten bei einem ausgewogenen Portfolio rund 45 Prozent auf Aktien entfallen. Hier könnte es im zweiten Halbjahr aufgrund der gestiegenen Bewertungen allerdings stärkeren Gegenwind geben. Bei der regionalen Aufteilung führt kein Weg an der Wall Avenue als dem größten Aktienmarkt der Welt vorbei, auch wenn hier etwas Vorsicht geboten ist. Und Anleger sollten nicht die günstiger bewerteten Börsen in Europa und den Schwellenländern vergessen.
Ebenfalls rund 45 Prozent sollten auf Staatsanleihen und die Schuldscheine ausgesprochen kreditwürdiger Unternehmen entfallen. Hier können auch Risikoanleihen beigemischt werden, um höhere Renditen zu erzielen. Außerdem bietet sich als diversifizierendes Factor und vor dem Hintergrund eines verknappten Angebots eine Beimischung in Öl an. Nicht zuletzt sind größere Cashbestände zu empfehlen, um bei möglicherweise fallenden Kursen nachkaufen zu können.
Reinhard Pfingsten arbeitet seit September 2023 als Chief Funding Officer bei der Deutschen Apotheker- und Ärztebank. Diese Funktion übte der studierte Mathematiker bereits zuvor bei der Bethmann Financial institution und Hauck & Aufhäuser Privatbankiers aus.
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