marktbericht
Eine Mischung aus Zins- und Konjunkturängsten sorgt derzeit für viel Verunsicherung an der Börse und bescherte dem DAX heute einen weiteren Verlusttag. Ein Ende ist nicht in Sicht.
Die Stimmung an der Börse bleibt angeschlagen und Besserung scheint nicht in Sicht. Nach dem schwachen Wochenstart gab der DAX heute weiter nach und schloss am Ende bei 15.255 Punkten, ein Minus von 0,97 Prozent. Im Tagestief warfare der deutsche Leitindex schon bis auf 15.229 Punkten gefallen, im Hoch waren es 15.360 Zähler. Seit dem gestrigen Tageshoch sind damit über 300 Punkte verloren gegangen.
Noch stärker sackte der industrie- und exportlastige MDAX ab, der 1,74 Prozent schwächer aus dem Handel ging bei 25.676 Punkten. Erneut kamen heute aus der Industrie mahnende Stimmen nach einer Verbesserung der Standortbedingungen in Deutschland. Die düsteren fundamentalen Szenarien aus den Wirtschaftsverbänden lasten zunehmend auf der Börse.
Mit den deutlichen Verlusten von gestern seien beim DAX nun “alle Dämme gebrochen”, meint Marktanalyst Jürgen Molnar vom Dealer RoboMarkets. “Nächster Anlaufpunkt sind nun die 15.000 Punkte”, so der Experte mit Blick auf das angeknackste Chartbild im deutschen Börsenindex. Der DAX bewegt sich inzwischen unterhalb der viel beachteten 200-Tage-Durchschnittslinie.
Hauptbelastungsfaktor bleiben derzeit die mauen Zinsperspektiven. “Die Börsen müssen sich auf hohe Zinsen für längere Zeit einstellen”, begründete Jochen Stanzl vom Brokerhaus CMC Markets die Risikoscheu der Anleger.
Erst gestern hat EZB-Chefin Christine Lagarde nochmals deutlich gemacht, dass bei der Inflationsbekämpfung alle Optionen weiter auf dem Tisch liegen. Auch die US-Notenbank Federal Reserve verfolgt den gleichen Ansatz, so dass sich die Anleger längerfristig mit hohen Zinsen arrangieren müssen. Immer im Hinterkopf dabei die Sorge, dass das hohe Zinsniveau die Konjunktur abwürgt.
Vor allem die Bau- und Immobilienwirtschaft haben hierzulande die Zinswende schon zu spüren bekommen, in den USA sind es vor allem die hochbewerteten Technologieaktien, die besonders im Feuer stehen. Im DAX standen Aktien des Wohnungsbaukonzerns Vonovia mit einem Verlust von über fünf Prozent am Indexende.
Nachdem sich die US-Börsen gestern in einer Gegenbewegung noch leicht ins Plus gerettet hatten, sieht es heute deutlich schlechter aus. Mittlerweile stehen alle großen Indizes klar im Minus und haben ihre Verluste ausgeweitet – auch der Dow-Jones-Index, der Leitindex der Standardwerte. Dieser verliert aktuell rund 0,9 Prozent. An der technologielastigen und zinssensitiven Nasdaq geht es rund 1,2 Prozent bergab. Der marktbreite S&P-500-Index verliert 1,0 Prozent.
Die Aussicht auf längerfristig höhere Zinsen sowie womöglich weitere Zinserhöhungen belastet die Aktienmärkte auch in New York derzeit deutlich. Die Anleger hätten weiterhin mit den Aussichten einer anhaltenden restriktiven Geldpolitik der Federal Reserve und deren Auswirkungen auf die Wirtschaft zu kämpfen, sagten Börsianer.
“Es herrscht so viel Unsicherheit am Markt”, sagte Chris Giamo, Finanzexperte bei der TD Financial institution. Die Kursrichtung werde maßgeblich von dem Zinsthema bestimmt.
Das zeigte sich erneut auch am Anleihemarkt: die Rendite der US-Papiere mit zehn Jahren Laufzeit stieg auf bis zu 4,56 Prozent und damit auf ein 16-Jahres-Hoch. Anleger spekulieren auf höhere Zinssätze für einen längeren Zeitraum und trennen sich deshalb von Staatspapieren – im Gegenzug zieht die Rendite an.
Hinzu kommen angesichts des bald endenden Haushaltsjahres Sorgen um einen möglichen Regierungsstillstand. Sollten sich das von den Republikanern kontrollierte Repräsentantenhaus und der von den Demokraten geführte Senat nicht einigen, droht dieses Szenario zum vierten Mal innerhalb eines Jahrzehnts
Neue Konjunkturzahlen fielen uneinheitlich aus. Während der auch an der Börse beachtete Case-Shiller-Index im Jahresvergleich erstmals seit Februar wieder einen Preisanstieg von Immobilien in den 20 größten Großstadtregionen der USA anzeigte, sanken die Neubauverkäufe im August im Monatsvergleich um 8,7 Prozent – Experten hatten nur einen Rückgang von 2,2 Prozent prognostiziert. Auch das vom privaten Convention-Board-Institut ermittelte Verbrauchervertrauen sank im September überraschend auf 103 Punkte, hier warfare ein Wert von 105,5 Punkten erwartet worden.
Ein starker Greenback drückt die europäische Gemeinschaftswährung derzeit unter die Marke von 1,06 Greenback. Am späten Nachmittag notiert der Euro bei 1,0571 Greenback, womit er sein kurzes Zwischenhoch am Nachmittag nicht halten konnte. Die Europäische Zentralbank setzte den Referenzkurs auf 1,0605 (Montag: 1,0633) US-Greenback fest.
Die Gemeinschaftswährung leidet unter dem starken Greenback, der von der trüben Stimmung an den Aktienbörsen profitiert. In schwierigen Zeiten gilt der Greenback als sicherer Hafen. Übergeordnet stützt die US-Zinsperspektive den Dollar.
Nach den Preisanstiegen seit Anfang Juli um etwa 25 Prozent schnauften die Erdölpreise zunächst durch, sind mittlerweile aber wieder auf Klettertour. Anhaltende Unterstützung kommt seit Wochen zwar von dem knappen Angebot großer Förderländer wie Saudi-Arabien oder Russland. Ein Gegengewicht stellt aber der aufwertende US-Greenback dar, der Rohöl für viele Interessenten verteuert. Denn Rohstoffe werden zumeist in der amerikanischen Währung gehandelt. Derzeit kostet ein Barrel der Nordseesorte Brent 92,52 Greenback, ein plus von 0,67 Prozent.
Die Inflationsrate in Deutschland ist nach Prognose von Ökonomen im September deutlich gefallen. Die Verbraucherpreise dürften im Schnitt nur noch um 4,6 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat zulegen, erwarten die von Reuters befragten Volkswirte von 13 Banken im Schnitt. Im August lag die Teuerungsrate noch bei 6,1 Prozent. Das Statistische Bundesamt will am Donnerstag seine erste Schätzung dazu veröffentlichen.
Die Stimmung in der deutschen Exportindustrie ist so schlecht wie seit über drei Jahren nicht mehr. Das Barometer für die Exporterwartungen fiel im September auf minus 11,3 Punkte, von minus 6,5 Punkten im August, wie das Münchner ifo-Institut meldete. Nach dem fünften Rückgang in Folge liegt der Indikator nunmehr auf dem tiefsten Stand seit Mai 2020, als die Corona-Pandemie belastete. “Die Exportwirtschaft befindet sich in einer Schwächephase”, sagte der Leiter der ifo-Umfragen, Klaus Wohlrabe.
Ohne Nachrichten standen Papiere des Laborbetreibers Sartorius gegen den Development an der DAX-Spitze. Auch Versicherungsaktien hielten sich im Umfeld intestine, profitieren sie als große Kapitalsammelstellen sogar von steigenden Zinsen.
Hinter Vonovia verlor Siemens Power ebenfalls deutlich über vier Prozent. Wenig gefragt waren auch die Aktien von Porsche und VW, die klare Verluste einfuhren.
Die angekündigte Untersuchung der Europäischen Union zu Pekings Beihilfen für Elektroautos könnte Kreisen zufolge auch nicht-chinesische Hersteller wie Tesla und BMW treffen. Der US-Elektropionier dürfte von Elektroauto-Subventionen in der Volksrepublik profitiert haben, auch die Münchener dürften Gegenstand der Untersuchung sein, berichtete die Nachrichtenagentur “Bloomberg” heute unter Berufung auf mit der Angelegenheit vertraute Personen.
EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen hatte vor knapp zwei Wochen angekündigt, dass die EU eine Untersuchung wegen staatlicher Unterstützung für Elektroautos aus China einleiten werde. “Der Preis dieser Autos wird durch riesige staatliche Subventionen künstlich gedrückt – das verzerrt unseren Markt”, sagte sie im Europaparlament in Straßburg. Das sei nicht akzeptabel.
Gestern Abend warfare bekannt geworden, dass die Fondsgesellschaft DWS wegen Falschangaben zu “grünen” Kapitalanlagen und nicht ausreichender Geldwäschekontrollen eine Strafe von insgesamt 25 Millionen US-Dollar an die US-Börsenaufsicht SEC zahlen muss. Der Deutsche-Financial institution-Tochter DWS warfare vorgeworfen worden, sogenannte grüne Finanzprodukte als “grüner” verkauft zu haben, als diese tatsächlich sind.
Der Spezialchemiekonzern Evonik aus dem MDAX will mit einem Umbau Freiraum für Investitionen in Zukunftsgeschäfte schaffen. “Wir arbeiten an unserer Bikini-Figur. Evonik wird schlanker, schneller und zugleich internationaler”, so Evonik-Chef Christian Kullmann gegenüber dem “Handelsblatt”. Drei Standorte in Europa will Evonik künftig nicht mehr selbst betreiben und wird das Geschäft in neue Dienstleistungsgesellschaften auslagern. Zudem wird ein Modell für eine neue Verwaltung ausgearbeitet. Tausende Mitarbeiter sind von den Plänen betroffen.
Der Strahlen- und Medizintechnikkonzern Eckert & Ziegler aus dem SDAX hat sich einen Großauftrag aus den USA gesichert. Dabei gehe es um die Lieferung von trägerfreiem Lutetium-177 an die US-Firma Level Biopharma. Die Vereinbarung habe eine Laufzeit von zehn Jahren mit einem gesamten Umsatzvolumen von mehr als 100 Millionen Euro. Der Vertrag steht noch unter dem Vorbehalt, dass sich der von den Deutschen produzierte Stoff als für das vom Auftraggeber ins Auge gefasste Präparat geeignet erweist.
Hohe Energie- und Rohstoffkosten sowie gesunkene Absatzpreise haben den Biokrafthersteller Verbio im vergangenen Geschäftsjahr stark belastet. Das Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) ist in den zwölf Monaten bis Ende Juni im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um etwas mehr als die Hälfte auf rund 240 Millionen Euro gefallen. Damit fiel das operative Ergebnis genauso hoch aus, wie der Konzern zuletzt mit der im April gesenkten Prognose in Aussicht gestellt hatte. Analysten hatten allerdings im Schnitt mit einem etwas besseren Ergebnis gerechnet. Die Aktie rutscht im SDAX um rund fünf Prozent ab und grenzte damit ihre anfänglich höheren Verluste deutlich ein.
Der weltweit größte On-line-Versandhändler Amazon schließt sein Luftfrachtzentrum am Flughafen Leipzig/Halle. Nach einer entsprechenden Anpassung des Logistiknetzwerks sei die Schließung des Amazon-Air-Standortes geplant, begründete ein Sprecher des US-Konzerns heute den Schritt. Von dem Aus sind nach Unternehmensangaben 400 Beschäftigte betroffen. Der Zeitpunkt der geplanten Schließung ist den Angaben nach noch offen.