Oliver Class versichert schon seit Jahrzehnten Kunst. Die Preise dafür sind mittlerweile hoch, das liegt am Kunstmarkt, aber auch an den Sammlungen selbst.
Herr Class, Sie sind ein Kunstmarkt-Experte der besonderen Artwork und halten am Donnerstag einen Vortrag in Augsburg. Sie arbeiten nicht in einem Museum, beraten auch nicht beim Kauf von Kunst, sondern Sie sind ein Fachmann für Kunst-Versicherungen. Jetzt mal gefragt: Wie versichert ein Museum wie das Rijksmuseum in Amsterdam die große Vermeer-Ausstellung mit all diesen Bild-Ikonen?
Oliver Class: Ausstellungen in diesen Dimensionen stellen besondere Herausforderungen dar, für die Museen, aber auch für die Versicherungen. In dem Vermeer-Beispiel ist sicher eine sehr große Gesamtversicherungssumme zusammengekommen. Es gibt nur knapp über 40 Gemälde von Vermeer, die ihm sicher zugeschrieben sind. Es sind alles Objekte mit sehr hohem Versicherungswert. Das zu versichern, ist nicht ganz einfach. Es muss Risikokapital in einem Bereich von mehreren Hundert Millionen Euro oder sogar einer Milliarde und mehr bereitgestellt werden. In so einem Fall haben wir eine Nagel-zu-Nagel-Versicherung, additionally von dem Second, wo es beispielsweise in Wien von der Wand genommen wird, bis zu dem Second, wo es wieder von der Ausstellung an seinen angestammten Platz zurückgekommen ist.
Wie teuer kommt die Versicherung einem Museum?
Class: Für Museen gibt es immer die Überlegung, vor allem bei ständigen Ausstellungen, die Kunst in die Hände einer Staatshaftung zu geben. Problematisch wird das in dem Augenblick, in dem etwas passiert, etwa der Einbruch im Grünen Gewölbe in Dresden. Privatversicherer würden sich dort das Risiko, additionally auch die Räumlichkeiten sehr genau anschauen. Der Versicherer müsste den Schaden auch in voller Summe zahlen.
Da achten Sie schon sehr darauf als Versicherer?
Class: Ja, ja, ja, sowohl beim Museum als auch beim Privatsammler. Das macht die Staatshaftung gefährlich, die gehen da anders heran. Und dann haben die Staatlichen Kunstsammlungen Dresden keine Leistung bekommen, es ist zwar staatlich gedeckt. Aber wenn Dinge gestohlen werden, zahlt das Land Sachsen nicht alles. Die Staatshaftung funktioniert so lange wunderbar, solange nichts passiert.
Wie berechnen Sie die Versicherungssumme für ein ikonisches Vermeer-Bild?
Class: Die Frage wird auch in meinem Vortrag eine Rolle spielen. Vermeer-Bilder sind sehr selten, zum Beispiel die Ikone der Malerei, additionally das Bild aus Wien, das ich vorhin angesprochen habe. Das Downside ist, dass die Versicherungssumme immer auf den Summen basiert, die bei ähnlichen Bildern im Markt erzielt wurden. Im Regelfall haben wir da gute Vergleichszahlen aus dem Kunstmarkt. Bei Vermeer wird es aber schon sehr schwierig. Ganz schwierig ist es bei der Mona Lisa. Sie ist die Ikone der Ikonen, wenn ich das so sagen darf. Für die Pointe dieser Überlegung müssen Sie allerdings in meinen Vortrag kommen, die spare ich hier auf.
Einem Museum, das gerade eine Sonderausstellung plant, wäre ein niedrigerer Versicherungspreis ja oft lieber.
Class: Und die Museen sind ja auch ein wenig selbst schuld. Eine Versicherungssumme errechnet sich immer aus zwei Faktoren, der Versicherungssumme der Kunst und dem Prämiensatz der Versicherung. Der Prämiensatz ist in den zurückliegenden Jahrzehnten von 1,5 Promille auf 0,5 Promille gesunken. Trotzdem sind die Kosten insgesamt gestiegen, weil die Versicherungssummen explodiert sind. Wir haben in Stuttgart bald die große Modigliani-Ausstellung, vor 30 Jahren hat ein Bild von ihm zehn bis maximal 15 Millionen gekostet, heute sind wir da bei 50, 60, manchmal auch 80 Millionen Euro. Dazu machen die Museumsleiter einen Fehler: Wer das Bild ausleiht, legt den Wert fest, muss die Summe aber nicht bezahlen. Mal ein Beispiel: Das Schaezlerpalais würde ein Bild von Johann Liss nach Osaka verleihen und legt als Versicherungssumme einen sehr hohen Wert fest, etwa 300.000 Euro, obwohl das Museum weiß, dass Liss gerade 200.000 Euro wert ist. Aber das Museum möchte auf der sicheren Seite sein. Die Prämie dafür muss der Kollege aus Osaka bezahlen. Nur wenn morgen das Schaezlerpalais selbst eine Ausstellung nach Augsburg holen will, machen es die anderen Häuser genauso. So schaukelt sich das zusätzlich hoch.
Mal nachgefragt: Sie haben Kunst studiert, aber Herr Class, Sie sind mittlerweile auch ein Fachmann für Sicherheitstechnik und Alarmanlagen geworden oder täusche ich mich da?
Class: Teilweise haben Sie schon recht. Natürlich muss ich in der Lage sein, sowohl im öffentlichen als auch im institutionellen als auch im privaten Bereich Risiken einzuschätzen. Allerdings ist es so, dass ich kein Sicherheitsingenieur bin. Wenn die Baulichkeiten kompliziert und komplex werden, ziehe ich im eigenen Haus Kolleginnen und Kollegen hinzu, die mich unterstützen. Ich bin ja kein Ingenieur, additionally kein Sicherheitsingenieur. Wir haben zwei-, dreimal Museumsneubauten als Versicherer begleitet, da gibt es excessive Anforderungen an den Brandschutz, die Einbruchssicherheit, and so on. Aber das geht bei uns auch bis zur Rolle der Aufsichten. Leider erschrecke ich öfter darüber, wie sich Aufsichten in manchen Sammlungen verhalten. Ich weiß, dass das oft eine langweilige Arbeit ist und nicht intestine bezahlt wird. Trotzdem müssen die Aufsichten, wenn sie eingeteilt sind, die ganze Zeit auf die Kunstwerke achten und dürfen nicht abgelenkt sein.
Wie haben Sie als Versicherer auf die Aktionen der Letzten Generation reagiert?
Class: Erst einmal ist es so, dass Museen und Sammler grundsätzlich für alle Arten von Schäden versichert sind, einige wenige sind ausgeschlossen, etwa Schäden durch Kernkraft, Krieg und Terrorismus. Die Frage ist, ob ein Farbanschlag der Letzten Era als Terrorismus einzuschätzen ist oder auch nicht. Das gilt es zu klären. Persönlich bin ich der Meinung, dass die Klimaaktivisten, wenn sie wirklich Interesse an einer besseren Welt haben, dafür nicht Kunstgegenstände schädigen sollten. Das ist für mich ein Widerspruch.
Was passiert, wenn etwas passiert ist? Zum Beispiel im Fall des Keltenmuseums in Manching, wo Gold gestohlen wurde.
Class: Da gilt es zwei Dinge zu tun, additionally einmal dafür zu sorgen, dass sehr schnell vermieden wird, dass noch mehr wegkommt. Dann muss man feststellen, was geraubt wurde. Es kann sein, dass es aufgrund zerstörter Sicherheitsanlagen zu Nachfolgetaten kommt. Dann wird man als Versicherer sehr schnell, in der Regel innerhalb von vier Wochen, der Establishment den Schaden auszahlen. Das Museum kann sich dann überlegen, was es mit dem Geld macht.
Was passiert, wenn die Gegenstände wieder auftauchen?
Class: Wenn die Objekte wiederkommen, haben sie als Privatsammler oder Establishment die Wahlfreiheit. Sie können die Objekte wieder zurückbekommen und geben das Geld zurück – oder sie behalten das Geld und bekommen die Objekte nicht wieder. Und als Zwischenschritt unternehmen wir als Versicherung im Fall von geraubter Kunst vieles, um sie wiederzufinden.
Zur Particular person: Oliver Class, 1963 in Westfalen geboren, studierte in Stuttgart Kunstgeschichte, Geschichte und Politikwissenschaft. Seit 1989 ist er als Kunstsachverständiger im Kunsthandel und bei Versicherungsgesellschaften in Köln, Stuttgart, Bern und Zürich aktiv. Seit 2004 ist Oliver Class Leiter der Kunstversicherungssparte und Mitglied des Kaders der Allianz Suisse in Zürich. Zudem publiziert er und nimmt Lehraufträge wahr. Am Donnerstag, 26. Oktober, hält er im Haus St. Ulrich den Vortrag “Vom Wert der wa(h)re(n) Kunst – Anmerkungen zur Ökonomie des Kunstmarkts”. Beginn ist um 19 Uhr. Eine Anmeldung unter (0821) 31 66 88 11 ist erbeten.