Frankfurt am Foremost. Bei der DB Cargo blinken alle Warnleuchten. Die Sparte Schienengüterverkehr der Deutschen Bahn steckt tief in den roten Zahlen. Zugleich hat die Chefin Sigrid Nikutta ein EU-Beihilfeverfahren am Hals. Nun soll das Unternehmen im Eiltempo auf Profitabilität getrimmt werden. Doch das wird nicht gerade einfach. Betriebsräte und Gewerkschafter befürchten einen Kahlschlag.
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Nikutta wurde 2020 mit einer Mission an die Spitze der Frachtsparte der Deutschen Bahn berufen: Sanieren. Doch Geschäftszahlen zeigen, dass der Handlungsbedarf höher denn je ist. Eigentlich sollten die Verluste aus der betrieblichen Tätigkeit (vor Zinsen und Steuern) im vorigen Jahr auf rund 220 Millionen Euro eingebremst werden. Nach Informationen des RedaktionsNetzwerks Deutschand (RND) kam aber tatsächlich ein Minus von quick 500 Millionen zusammen. „Die wirtschaftliche State of affairs und das EU-Beihilfeverfahren zwingen uns zu sofortigem Handeln. Eine Disruption ist erforderlich, damit der Turnaround gelingt“, heißt es denn auch in einem internen Papier, das dem RND vorliegt.
DB Cargo plant den Radikalumbau
Der nun geplante Radikalumbau soll noch erheblich weiter gehen, als es bislang bekannt ist. Das aktuelle Konzept, das auf einem Weißbuch der Unternehmensberatung Roland Berger beruht, sieht vor, das operative Geschäft in weiten Teilen auf Tochterfirmen zu verlagern, die wie komplett eigenständige Unternehmen arbeiten sollen – mit eigenen Bilanzen und Vertriebsorganisationen.
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DB Cargo ist die Nummer eins in Europa. Nach eigenen Angaben mit insgesamt rund 30.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, 82.000 Güterwagen und 2700 Lokomotiven. Der Umsatz liegt mehr als doppelt so hoch wie der des Fernverkehrs. Und die Nachfrage nach Transporten auf der Schiene steigt, doch die Logistiker des Staatskonzerns schaffen es nicht, die Chancen in Gewinn umzumünzen.
Die Konzernmutter muss seit vielen Jahren die immensen Verluste ausgleichen. Das passt der EU-Kommission überhaupt nicht, weil sie durch die Stützzahlungen eine Verzerrung des Wettbewerbs im europäischen Schienentransport sieht. Deshalb wurde ein Beihilfeverfahren schon Anfang 2022 gestartet. Im schlimmsten Fall droht eine Zerschlagung – so wie es schon bei der Cargo-Abteilung der französischen SNCF vorexerziert wurde.
Das Bahnmanagement und die Bundesregierung wollen Ähnliches verhindern. Dafür muss das Geschäft der DB Cargo profitabel werden. Eine Artwork Selbstzerlegung in sechs „Brancheneinheiten“ soll‘s richten. Diese seien agiler und könnten sich wie die Wettbewerber schneller auf Marktbedingungen einstellen, heißt es in dem internen Papier. Das Prinzip: Eine Tochter ist für die Stahlbranche, eine andere für die Automobilindustrie und eine Dritte für Flüssiges und Schüttgut (Liquids and Bulk) zuständig.
Bahnsprecher bestätigt die Umbaupläne
Zudem sollen sich zwei Töchter um den „kombinierten Verkehr“ kümmern – additionally etwa um Container, die vom Schiff auf die Schiene kommen oder über Gleise auf der langen und per Lkw auf der kürzeren Strecke transportiert werden. Ein zukunftsträchtiges Geschäft: Dass Privatbahnen damit Gewinne machen, die DB aber nicht, hat maßgeblich damit zu tun, dass bei Rivalen des Staatskonzerns Tarifverträge mit flexibleren Arbeitszeiten gelten.
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Das will DB Cargo nun imitieren und Operatives auf Töchter übertragen, die ebenfalls Regelungen mit beweglichen Arbeitszyklen haben: Für frühere Werksbahnen gelten nämlich solche Vereinbarungen. Diese wurden nicht mit der Eisenbahnergewerkschaft EVG, sondern zum Beispiel mit der Chemiegewerkschaft IGBCE ausgehandelt.
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Ein Bahnsprecher bestätigte auf RND-Anfrage die Umbaupläne. Er betont: „DB Cargo muss wettbewerbsfähig werden“. Deshalb sei eine Fokussierung, ein Vereinfachen und Kapseln der Prozesse nötig. Er fügt hinzu: „Kein Mensch muss um seine Beschäftigung bei der DB bangen.“ Allerdings könnten im Zuge des Umbaus möglicherweise Mitarbeiter in andere Betriebe des Konzerns versetzt werden.
EVG ruft zu Demonstration auf
Ein weiterer zentraler Punkt der geplanten Neuausrichtung: „Die Fertigungstiefe orientiert sich an Wirtschaftlichkeit und Kundenwunsch“, heißt es in dem internen Papier. Damit ist laut Bahnkreisen gemeint, dass Kooperationen mit anderen Güterbahnen dort intensiviert werden sollen, wo der Kunde es erfordere.
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Die EVG sieht all dies komplett anders und ruft zu einer Demonstration für Donnerstag vor der Cargo-Zentrale in Mainz auf. An diesem Tag findet dort eine Sitzung des Aufsichtsrats der DB-Frachtsparte statt. Das Motto: „Wir sehen Rot! Kein Kahlschlag bei DB Cargo.“ 15 Jahre lang hätten Vorstände und hochbezahlte Berater Zeit gehabt gegenzusteuern. Passiert sei nichts, heißt es im Aufruf zur Demo. Und weiter: „1800 Stellen sollen bei DB Cargo dem Rotstift zum Opfer fallen – mindestens.“
In der Belegschaft steigt bereits seit Wochen die Nervosität. Nicht nur da über die geplanten Stellenstreichungen nur wenige Particulars bekannt sind und weil befürchtet wird, dass der Umfang des Jobabbaus erheblich höher als bislang bekannt ausfallen könnte. Vielmehr geht die Angst vor einem Komplettumbau nach dem Vorbild anderer großer Logistikkonzerne um: Mit einer Verlagerung der Transporte auf Sub- und Subsubunternehmen, die ihre Dienstleistungen zu Dumpingpreisen anbieten. Es dürften in den nächsten Monaten harte Auseinandersetzungen auf Gewerkschafter und das DB-Cargo-Administration zukommen. Zumal die „Disruption“ sehr rasch kommen soll. Anfang 2025 will Nikutta das Projekt umgesetzt haben.